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2023 N° 1
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3 Fragen an Matthias Maurer

Matthias Maurer leitet die Fachstelle Sonderpädagogik, die Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen begleitet. Wir haben ihn gefragt, warum die Anzahl Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten steigt und wie Eltern die Schule unterstützen können?

Cigdem Ruf

Die Schule ist zunehmend mit Kindern konfrontiert, die besondere Unterstützung benötigen im sozialen und psychologischen Bereich. Haben Sie eine Erklärung dafür? 

Die Gründe, warum ein Kind auf mehr Unterstützung angewiesen ist, sind individuell und müssen unter Beizug der Eltern und des schulischen Umfelds sorgfältig abgeklärt werden. Der gesellschaftliche Anspruch an die Schule, dass jedes Kind in seiner Einzigartigkeit wahrgenommen und unterstützt wird, hat sicher zugenommen. Die Schule hat dieser Forderung zurecht Aufmerksamkeit geschenkt und neue Aufgaben übernommen. Der sorgfältige Blick auf das einzelne Kind führt einerseits zur wirkungsvollen Unterstützung, andererseits werden dadurch mehr Auffälligkeiten entdeckt, was die Anzahl Kinder mit Unterstützungsbedarf erhöht. Hinzu kommen die Krisen der letzten Jahre. Kinder sind abhängig von den Erwachsenen und reagieren sehr sensibel auf Unsicherheiten, Ängste und Stresserleben in ihrem Umfeld. Verletzliche Familiensysteme konnten möglicherweise trotz aller Anstrengungen nicht mehr ein ausreichend sicheres Umfeld bieten, was betroffene Kinder in einen emotionalen Alarmzustand versetzen kann. Lernen und Verhaltensregulation fallen dann deutlich schwerer, was sich in den Schulzimmern und auf den Pausenplätzen zeigt. 

«Kinder sind abhängig von den Erwachsenen und reagieren sehr sensibel auf Unsicherheiten, Ängste und Stresserleben in ihrem Umfeld.»

Wie kann Ihre Fachstelle Sonderpädagogik in solchen Fällen helfen? 

Unsere Fachstelle ist unter anderem für die Begleitung der Sonderschulkinder zuständig, wobei sie den Blick auf die ganze Primarschule einbringt. Anders als Fach- und Lehrpersonen, die direkt mit den Kindern arbeiten, können wir nicht unmittelbare Unterstützung in Belastungssituationen bieten. Wir werden von den Schulleitungen beigezogen, wenn es darum geht, die Unterstützungsmassnahmen für ein Kind zu überdenken und neue Lösungen zu finden. In Zusammenarbeit mit den Schulleitungen und dem Gesamtschulleiter passen wir Strukturen und Prozessabläufe im sonderpädagogischen Bereich laufend an. 

«Wir werden von den Schulleitungen beigezogen, wenn es darum geht, die Unterstützungsmassnahmen für ein Kind zu überdenken und neue Lösungen zu finden.»

Die Primarschulpflege wünscht sich, dass Eltern ihre Erziehungsverantwortung stärker wahrnehmen. Sie arbeiten mit Eltern und Erziehungsberechtigen zusammen. Wie können Sie Einfluss nehmen?

Häufig gibt es mehrere Ideen, womit der Unterstützungsbedarf eines Kindes zu tun haben könnte. So sehen Eltern vielleicht andere Gründe als involvierte Fachpersonen. Um ein Kind effektiv zu unterstützen, ist es deshalb wichtig, ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln. 
Das ist in der Praxis immer wieder anspruchsvoll, besonders wenn sich Handlungsdruck und Enttäuschungen in Bezug auf die Entwicklung eines Kindes ausbreiten. Professionelle Kooperation in grossen Organisationen wie unserer Primarschule wird erst möglich, wenn alle ihre Rollen und die damit verbundenen Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen kennen und leben. Alle Beteiligten wollen die Kinder bestmöglich unterstützen, verschiedene Hindernisse verstellen aber manchmal den Weg zum gemeinsamen Ziel. Mit dem Blick von aussen kann unsere Fachstelle helfen, den Fokus auf das Wesentliche – die kooperative Unterstützung des Kindes seitens Familie und Schule – zu lenken. Wir freuen uns immer, wenn dies gelingt. 

Matthias Maurer

Der Pädagoge und studierte Psychologe (57) leitet seit 2017 die Fachstelle Sonderpädagogik der Primarschule Uster. Aus langjähriger Erfahrung weiss der Praktiker, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Eltern und Erziehungsberechtigten, aber auch die Unterstützung der Lehrpersonen ist.

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